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Der Härteofen

Nachdem ich mehrfach an der Aufgabe, längere Messerklingen im Schmiedefeuer gleichmäßig zwecks Härtung zu erwärmen, verzweifelt bin, entstand das Projekt Härteofen. Ursprünglich sollte ein gebrauchtes Industriegerät Einzug in die Schmiede halten, aber die Schwierigkeiten bei langen Küchenmessern ließen sich mit einem überschaubaren finanziellen Einsatz ebenfalls nicht lösen, die halbwegs erschwinglichen Geräte haben meist eine zu kleine Kammer.
Also blieb nur der Weg des Selbstbaus offen. Zunächst habe ich reichlich recherchiert, wobei das Messerforum sich als wahre Fundgrube erwies (hier mein Dank an alle Ideengeber und Ofenbauer). Da das Gerät möglichst transportabel und vom Aufbau her ohne großen Aufwand realisierbar sein sollte, schieden Konstruktionen mit viel Stein aus. Die mich überzeugende konstruktive Grundidee wurde dann der Rohrofen von Stefan (dieser Link existiert leider nicht mehr).

Zunächst wurden die Anforderungen spezifiziert:
  • möglichst klein und leicht
  • möglichst geringer Bauaufwand
  • hinreichend großer Brennraum für längere Klingen (≥ 35cm) bei Ø ≥ 50mm.
  • das Härtegut soll hineingehängt werden
  • Temperatur bis ≥ 1100°C
  • elektronische Temperaturregelung
  • 220V-Anschluß
  • der finanzielle Aufwand sollte möglichst 400€ nicht überschreiten
Mithilfe diverser im Messerforum angegebener Formeln wurde die elektrische Leistung auf 2,5kW festgelegt.
Jetzt mußte nach Material gesucht werden, wobei des Herzstück das Pythagorasrohr war, daran mußte sich alles andere orientieren. Nach langem Suchen habe ich bei einem Maschinenhändler ein uraltes Einzelstück (leider) von 85mm Durchmesser und 80cm Länge gefunden, daß dort schon seit 1992 in irgendeinem Regal sein Dasein fristete.

Die Konstruktion

    Höhe 80cm

  • Ø innen (Pythagorasrohr): 85mm
  • Ø außen (Wickelfalzrohr): 200mm
  • Bodenplatte: 30x35cm
  • YTONG-Steine, (ringförmig oben und unten): Ø außen ca. 200mm, Ø Bohrung ca. 110mm, Höhe 100mm

Der Bau

Leider habe ich den Aufbau nicht fotografisch dokumentiert, aber anhand der Skizze und Fotos des fertigen Ofens sollte das Meiste klar werden.
  1. Der Heizdraht wurde auf der Drehmaschine zu einer Heizwendel gewickelt (Dorn-Ø=65mm). Die Länge beträgt ca. 400mm bei 85 Windungen mit Ø95mm (entspricht dem Außen-Ø des Pythagorasrohres)
  2. Die Wendel wird auf das Pythagorasrohr aufgeschoben und ordentlich verteilt, wobei an beiden Rohrenden etwa 20cm frei bleiben. Der beheizte Bereich ist also 40cm lang. Die Anschlußenden der Wendel wurden doppelt verdrillt.
  3. Anschließend wird die Wendel mit feuerfestem Mörtel ummantelt. Nach 2 Tagen war alles ausgehärtet. Die verdrillten Enden stehen senkrecht aus dem Mörtel heraus.
  4. Zwischenzeitlich wurden 2 YTONG-Ringe als oberer und unterer Abschluß vorbereitet. Das geht einfach mit Fuchsschwanz, Bohrmaschine, Feile und Schleifpapier. Der Außendurchmesser wird so gearbeitet, daß die Steine straff ins Wickelfalzrohr passen. Die innere Bohrung erhält einen Durchmesser von etwa 110mm. Der untere Ring erhält zwei Durchgangsbohrungen (Ø 15mm mit Forstnerbohrer) für die elektrische Zuleitung.
  5. Der Deckel (siehe Zeichnung) wird auch schon aus YTONG gesägt und gefeilt, einmal Staub reicht!
  6. Das Gehäuse für die Elektrik (T-Regler, Hauptschalter, SSR) wird gebaut und auf die Bodenplatte montiert, die zuvor noch 3 Winkel zur Fixierung des Wickelfalzrohres erhielt.
  7. Das Rohr wird mit Keramikfasermatte umwickelt (ca. 60cm breit, 1,5m lang). Oben und unten bleiben jeweils 10cm frei, hier werden später als Abschluß die YTONG-Ringe drübergeschoben. Beim Wickeln werden die verdrillten Enden durch die Matte gestochen und über eine Klemmschraube mit 4mm-V2A-Stangen verbunden, die parallel zum Rohr nach unten geführt werden für den späteren elektrischen Anschluß. Bei einem Enddurchmesser von etwa 220mm wird die Wicklung beendet und mit Bindedraht fixiert.
  8. Das Thermoelement wird in einen 20cm breiten Streifen Keramikfasermatte eingewickelt, damit wird das Rohr von unten verschlossen.
  9. Durch die 2 Bohrungen des unteren YTONG-Rings werden die Zuleitungen (2,5mm² Kupferleitung) geführt und mit den V2A-Stangen per Klemmschraube verbunden.
  10. Das untere freie Ende des Pythagorasrohres wird mit einer dünnen Lage Keramikfasermatte umwickelt.
  11. Jetzt wird der YTONG-Ring vorsichtig aufgeschoben.
  12. Von oben wird anschließend das Wickelfalzrohr über die gesamte Rolle geschoben. Nicht vergessen, vorher die Aussparungen für die Kabeldurchführungen an der Unterkante anzubringen.
  13. Jetzt werden alle Leitungen (Heizung, Thermoelement) nach außen geführt und die Bodenplatte wird montiert. Damit das Pythagorasrohr nicht hart auf der Platte liegt, kommt noch eine dünne Lage Keramikfasermatte dazwischen.
  14. Das obere Ende des Pythagorasrohres wird ebenfalls mit Keramikfaser umwickelt, bevor der obere YTONG-Ring ins Wickelfalzrohr eingeschoben wird.
  15. Jetzt sollte alles straff sitzen und damit ist der Großteil der Montage erledigt.
  16. Die Elektrik wird angeklemmt (Schutzleiter nicht vergessen!).
  17. Letzte Prüfung: alles mechanisch stabil, Elektrik sauber?
  18. Obere Öffnung mit dem Deckel (oder erstmal mit einem YTONG-Rest) abdecken und einschalten!

Der Test

Hier ein paar Fotos vom Testlauf, 1000°C waren nach 15 min erreicht.

Der Härteofen von außen, ein wenig Verkleidung fehlt noch.

Sollwert gleich Istwert nach 15 Minuten.

Blick in die Hölle!


Inzwischen ist der Ofen reichlich in Betrieb gewesen und hat sich beim Härten der Messerklingen aufs beste bewährt.

Kosten

Teil

Preis

Bemerkungen

Pythagorasrohr

115

gibt’s leider nicht mehr für diesen Preis (Einzelstück)

T-Regler, SSR

70

www.pohltechnik.com

Thermoelement

30

www.sensorshop24.de

Kanthaldraht Ø1,5

30

www.heizspiralen.de

Keramikfasermatte

84

www.messermacherbedarf.de

Feuerfester Mörtel

23

www.messermacherbedarf.de

Kleinteile

20


Wickelfalzrohr,

YTONG Steine,

Bodenplatte

Blech fürs Gehäuse,

Kabel, Schalter etc.


vom Schrott oder vorhanden

Gesamtkosten

372


Ganz scharfe Messer

Messerschmiede & Messerwerkstatt

Dr. Michael Ganz
Wernigeröder Str. 7
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